"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

53. Brief

Bonn, 28. September 1870.




Liebste Agnes! Nachdem ich Dir vorgestern eine wohlverdiente Strafpredigt für Deinen bösen und ungerechten Brief vom 16. September gesandt hatte, muß ich Dir heute doch ein freundliches Briefchen schicken und zugleich den innigsten Gruß und Glückwunsch zu dem Geburtstag unseres süßen zweijährigen Walter-Jungen, den ich leider morgen nicht mit Euch feiern kann. Wie gern wäre ich in Jena und erfreute mich in stiller Ruhe und Gemütlichkeit meiner lieben kleinen Familie, meines holden Dorn-Röschens und meines niedlichen Walters! Ich denke so vielmals täglich an Euch und sehne mich sehr nach meinem lieben kleien Neste oder wünsche, Ihr könntet hier bei mir sein. Besonders in den letzten 8 schönen Tagen habe ich Dich so oft hergewünscht. Während die ersten 14 Tage der Reise sehr unruhig und strapaziös waren, brachte mir dagegen die letzte Woche ununterbrochen herrliches, goldenes Herbstwetter und mehr ruhigen Reisegenuß, ohne allzugroße Anstrengungen oder Strapazen. Die letzten 4 Tage hier in Bonn habe ich nur zu kleineren Landpartien und zu Besuchen benutzt, da ich sehr viele alte Bekannte hier habe (Max Schultze, Krohn, Greef, La Valette und andere, weniger nahestehende). Der Rhein hat mir in diesen Tagen wirklich sehr gefallen, obwohl doch von eigentlicher landschaftlicher Schönheit selten die Rede ist. Ich habe übrigens jetzt das abenteuerliche Umherschweifen satt und sehne mich recht nach Hause . . . Es umarmt und küßt Dich in Gedanken Dein treuer Ernst.





Brief 52..........................................................................................Brief 54



zurück zum Inhaltsverzeichnis




Diese Seite ist Teil von Kurt Stübers online library
erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999