"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

39. Brief

Jena, 12. April. 1869.




Mein liebster, bester Mann! Wie hast Du mich heute früh reizend überrascht mit Deinem, lieben, herzigen Brief, der mir den ganzen Tag erheiterte, ich fühle mich so froh und leichtherzig durch Deine Liebe, mein süßer Ernst, sie ist das Schönste auf dieser Erde. Ich bedaure jeden und besonders jedes arme Mädchen, dem dies Glück nicht zuteil wird. Du bist aber jetzt auch ganz anders zu mir, Du böser Mensch, hast Deine Frau noch nie so lieb behandelt, wie jetzt immer, dafür habe ich Dich aber auch furchtbar lieb!! - Daß Duīs nur mal wieder weißt! Du siehst, daß ich auch schwärmen kann, was ich sogar ziemlich oft tue und jetzt zumal, wo mein Schatz in der Ferne ist. -

Eigentlich war ich gestern sehr betrübt, erstens hatte ich schon bestimmt darauf gerechnet, Sonnabend früh einen Brief von Dir zu bekommen, das war aber nichts, den Abend wartete ich auch umsonst, Sonntag morgen wieder umsonst, endlich, den Abend, als ich vom Spaziergang nach Hause kam, lag der ersehnte gelbe Brief da, den ich vielemal geherzt und geküßt habe statt Deiner.

Es freut mich sehr, daß Dein Vortrag zum tausendsten Mal gefallen hat und beklatscht worden ist, Du bist ein verwöhntes Menschenkind; trotz allen grausamen Wahrheiten, die Du der Menschheit ins Gesicht wirfst, huldigt sie Dir doch im ganzen.

Walter ist ein strammes, liebes Kerlchen, das sich jetzt mit großer Gewandtheit und Kraft bis an den Rand seines Wagens schwingt und uns ganz herausfordernd dabei ansieht . . .

Grüße alle Reimes schön und erfreue Dich überhaupt einmal Deiner Verwandtschaft (??). Daß Dirīs im Opernhaus zu heiß geworden ist, glaube ich. Um diese Zeit ist es kein Vergnügen mehr; die furchtbare Hitze und schlechte Luft läßt wahren Genuß nicht aufkommen, da istīs besser hier in der schönen erwachenden Natur. Nun lebe wohl, mein treuer, leiber Herzensmann, und komme bald zu Deiner sehnsüchtigen kleinen Frau.





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999